Inhalt

Vivien

Tetrasomie X (Tetra-X-Syndrom)
geb. 1998

Zuletzt aktualisiert: März 2003

Liebes Leona e.V. Team,

gerne würde ich die Geschichte meiner inzwischen 4 1/2-jährigen Tochter Vivien an euch schicken, um sie mit anderen Eltern, deren Töchter an einer 4 xxxx Chromosomenanomalie (Tetrasomie X oder Tetra-X-Syndrom) leiden, zu teilen.

Angefangen hat alles zu Silvester 1997, als ich einen eingeschobenen Termin bei meinem Frauenarzt hatte. Er stellte fest, dass ich bereits in der 12. SSW war. Das überraschte mich sehr, haben mir die Ärzte nach einer Eileiterschwangerschaft und einem entfernten Eileiter nur noch eine 50:50 Chance gegeben, schwanger zu werden. Die restliche Schwangerschaft verlief problemlos.

3 Wochen vor dem errechnetem Termin ist mir auf der Geburtstagsfeier meines Schwiegervaters die Fruchtblase geplatzt. Nach 3 Stunden Wehen sind die Herztöne meiner Tochter abgefallen, denn die Nabelschnur war vorgefallen und mein Muttermund hat sich überhaupt nicht geöffnet. Einzige Konsequenz war ein (ungewollter) Kaiserschnitt.

Soweit war alles o.k. mit unserer Tochter Vivien. Sie war zwar von Anfang an ein Leichtgewicht (2460 Gramm und 47 cm groß), aber sonst schien sie allen "normal". Dass sie nicht viel geweint hat, viel geschlafen hat und nicht wirklich aktiv war, kam mir natürlich nicht ungelegen. Erst mit ca. 6 Monaten fiel mir auf, dass sie in ihrer Entwicklung nicht soweit war, wie andere Babys. Nach einem Gespräch mit der Kinderärztin kamen wir zu dem Schluss, dass mein Mann Vivien diese Entwicklung vererbt hat (er konnte mit 3 Jahren erst reden und laufen, dafür kriegt er jetzt seinen Mund nie zu).

Erst mit 18 Monaten, als Vivien mit einer Lungenentzündung im Spital gelegen hat, wurden aufgrund meiner Nachfrage einige Tests gemacht, die ergeben haben, dass eine Tetrasomie X besteht. Der behandelnde Arzt erklärte uns, dass unsere Maus motorisch und sprachlich vielleicht Nachhilfe brauchen wird. Und vielleicht einmal keine Kinder bekommen wird. Soweit so gut, hörte sich nicht so schlimm an.

Als ich dann in Eigeniniative eine genetische Beratung aufsuchte, kam das schlimme Erwachen. Von geistiger Behinderung bis zum ewigen Kind bleiben war alles dabei.

Aber am schlimmsten fand ich, dass Vivien der einzig offiziell bekannte Fall in Österreich sein sollte. Quasi konnte mir keiner wirklich helfen bezüglich Förderung und Umgang mit diesem "Defekt". Ich schaute meine Tochter an und sah ein ganz normales Kind. Gut, sie hat nie wirklich viel geredet und motorisch war sie kein As, aber genauso brav, eigensinnig, schlimm und liebenswürdig ist sie wie jedes Kind.

Nach einigen Recherchen konnte ich übers Internet das Turner Zentrum in Dänemark ausmachen und habe diesen Bericht gefunden, der mir weitergeholfen hat. Endlich konnte ich verstehen, was es heißt, ein Mädchen mit einer Tetrasomie X zu haben. Nach einem weiterem Gespräch in einer Uni konnten wir unserer Maus helfen.

Mit 18 Monaten war mein Karenz aus und ich musste wieder arbeiten gehen, und Vivien in den Kindergarten. Und seit sie in den Kindergarten geht, macht sie soviel Fortschritte, dass sie für Außenstehende als "normal" gilt.

Zwar leidet sie regelmäßig unter Lungenentzündung einerseits, anderseits unter Neurodermitis. Ihre große Schwäche ist allerdings die Sprache und ihre Aufnahmefähigkeit. Mit ihren 4 1/2 Jahren bildet sie max. 4 Wörter zu einem Satz. Eine Psychologin geht sogar so weit zu sagen, dass sie den normalen Schulstoff nicht schaffen wird. Doch inzwischen gebe ich nicht mehr soviel darauf, was Ärzte sagen.

Lange Zeit hatte ich Schwierigkeiten damit, dass sie anders ist als andere Kinder, ich musste zu einer Psychologin, aber mittlerweile bin ich stolz auf sie. Dass sie trotz ihres Andersseins immer wieder beweist, dass mehr in ihr steckt, als manche Ärzte glauben.

Sie wird nie ein Partytiger, sie hasst viele Menschen um sich, oder eine Draufgängerin. Vivien entdeckt ihre Welt aus einer sicheren Entfernung, bevor sie etwas anpackt. Und sie wird nie studieren aufgrund der Tetrasomie, aber sie kann laufen wie der Teufel. Sie gibt uns so viel Liebe wie wir uns das niemals vorstellen konnten.

Ich hoffe, Euch hat unser Bericht gefallen und vielleicht bekommen wir die eine oder andere E-Mail?

Liebe Grüße

Vivien, Eva und Helmut

E-Mail: Eva und Helmut

Zuletzt aktualisiert: März 2003